Global Social Compliance

Was versteht man unter Social Compliance?

Unter dem Begriff „Compliance“ versteht man die unternehmerische Pflicht, den geltenden Gesetzen und Verordnungen nachzukommen. So vielfältig wie die unterschiedlichen Rechtsbereiche sind, so gibt es auch zahlreiche Compliance-Bereiche. Einer hiervon ist „Social Compliance“, der sich mit den rechtlichen sozialen und gesellschaftlichen Anforderungen auseinandersetzt. Hierbei geht es also um das Wohlergehen der Mitarbeiter:innen und der Gesellschaft.

In Deutschland fallen darunter zum Beispiel Thematiken wie Chancengleichheit oder geregelte Arbeits- und Pausenzeiten. Daneben spielen die eigenen Standorte und Produktionsstätten eine wichtige Rolle. Das umfassendste Gesetz zu dieser Thematik ist das sogenannte Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (kurz „Lieferkettengesetz“). Ziel ist es, entlang der gesamten Wertschöpfungskette verstärkt auf das Wohl der Arbeiter:innen und der Umwelt zu achten („Sorgfaltspflichten“), Risiken zu minimieren und betroffene Unternehmen bei Verstößen verantwortlich zu halten.


Warum ist Social Compliance wichtig?

Fakt ist „Global Social Compliance“ ist nicht nur ein potenziell unterschätzter Wettbewerbsfaktor für praktizierende Unternehmen, sondern auch aus vielen anderen Gründen von großer Wichtigkeit. Gerade in der Fertigungs- und Industriebranche sind die Lieferketten oft lang und komplex und sie gehen global durch mehrere Länder, bis sie als fertiges Produkt bei den Endverbraucher:innen ankommen. Um dem hohen Konsum gerecht werden zu können, wird ein großer Teil der Fertigung, sowie auch der Fertigung von benötigten Vorprodukten außerhalb von Deutschland geleistet.

Bei der Fertigung im Ausland gibt es allerdings einen höheren Anteil an sogenannten „Risikostunden“. Unter diesem Begriff versteht man die Arbeitsstunden, welche einem höheren Risiko unterliegen, unter schlechten oder unzureichenden Arbeitsbedingungen abgeleistet zu werden.

Der Grund dafür ist, dass die Standards in einigen Niedrigeinkommensländern (Asien, Afrika oder Lateinamerika) nicht mit den deutschen und europäischen übereinstimmen. Abgesehen von viel niedrigeren Löhnen haben Erwerbstätige wenig oder kaum Rechte sich zu versammeln und/oder Gewerkschaften zu gründen oder beizutreten. Zudem sind viele Arbeiter:innen dort Gefahren und gesundheitsschädlichen Situationen ausgesetzt. Solche Arbeitsbedingungen werden indirekt, oft ohne davon Kenntnis zu tragen, von Unternehmen unterstützt, die (Vor-) Produkte kaufen, welche unter schlechten Bedingungen hergestellt wurden.


Top-10-Branchen (Privatwirtschaft) nach Risikostunden in der Lieferkette
Statistik Abb. 1

Zahl der Risikostunden in Mrd.; Quelle: Systain

Die Abbildung links zeigt, dass die Textilbranche in der Industrie am meisten von den besagten Risikostunden betroffen ist. Dabei gilt aber: je weiter am Anfang der Lieferkette ein Unternehmen steht, desto höher sind die Risikostunden der Arbeitnehmer:innen. In der Fahrzeugbaubranche ist das größte Risiko mit der Rohstoffgewinnung verbunden. Viele der deutschen Fahrzeugbauunternehmen haben zu den Vorlieferanten, die sich mit der Rohstoffgewinnung beschäftigen, allerdings keine direkte Verbindung oder Vertragsbeziehungen. Die Menschenrechtsverletzungen, die auf dieser Stufe anfallen, bleiben also oft unbeachtet, obwohl diese Materialen oder Produkte in das finale Produkt des Fahrzeugbauers einfließen.


Anteil von Risikostunden nach einzelnen Stufen in der Lieferkette
Statistik Abb. 2

Quelle: UN Global Compact Jahrbuch (2013)

In der Abbildung oben sieht man, dass im deutschen Fahrzeugbau menschenrechtliche Verletzungen vor allem ab Zuliefererebene 4 (Tier 4-n) und den Ebenen davor anfallen.

In Niedriglohnländern herrscht eine große Konkurrenz gerade bei einfachen Produktionstechniken, wie beispielsweise in der Textilbranche, da der Markteintritt für neue Wettbewerber keine hohe Hürde darstellt. Somit bringt die Missachtung von Mindeststandards und Menschenrechten einen kurzfristigen Wettbewerbsvorteil, denn die Produkte können kostengünstiger angeboten werden. Daraus folgt, dass wenn wir hier von niedrigen Preisen profitieren, an anderen Orten der Welt für unsere Waren oft unter nicht vertretbaren Bedingungen gearbeitet wird.

Dementsprechend ist es wichtig, internationale Arbeitsstandards und Menschenrechte innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette einzuhalten und zu kontrollieren.


Wie sieht es mit der Praxis aus?

Die Erwartungen und Anforderungen an international agierende Unternehmen wachsen stetig und für viele ist es schwierig, den Überblick zu behalten, was derzeit für das eigenen Unternehmen selbst relevant ist. Es gibt viele Standards, Guidelines und Regelungen, die sich auf den Bereich der Social Compliance spezialisieren. Darunter fällt zum Beispiel der SA8000 Standard von der Social Accountability International Organisation oder die zehn Prinzipien vom UN Global Compact in denen geht es vor allem um die Einhaltung von Menschen- und Arbeitsrechten. Aber auch bekannte Frameworks, welche sich auf Environmental, Social und Governance (ESG) Reporting Guidelines beziehen, beinhalten unter dem sozialen Blickpunkt nützliche Anhaltspunkte.

Wertschoepfungskette

Die Grafik oben soll eine beispielhafte Lieferkette eines Textilhändlerunternehmens darstellen.
In der Realität sieht eine solche Lieferkette sicherlich um einiges länger und komplizierter aus. Wichtig ist auch für das betrachtete Unternehmen, zu definieren, wo die Grenzen gezogen werden sollen. Also die Frage zu beantworten: Was wird von der gesamten Lieferkette miteinbezogen? Denn wenn man die Lieferketten aller einzelnen Stufen mit einbezieht, ist man irgendwann bei einer globalen Kette angelangt, die fast alle Branchen umfasst.

Ein Beispiel wäre folgendes:
Das erste teilnehmende Unternehmen in der Lieferkette in der Abbildung ist für die Rohstoffgewinnung von Erdöl zuständig. Dafür benötigt es bestimmte Anlagen, Maschinen und andere Technologien, die wiederum von Vorlieferanten stammen. Somit hängen mehr oder weniger alle Lieferketten global direkt und auch indirekt miteinander zusammen. Für Unternehmen ist es daher erstmal relevant, sich einen genauen Überblick über die eigene Lieferkette, über die involvierten (Vor-)Lieferanten sowie die nachgelagerten Abnehmer:innen zu verschaffen.
Was wird in welchem Land von welchem Vorlieferanten bezogen und wie und woher beschaffen die Vorlieferanten wiederrum ihre Produkte? Dieser Schritt ist sehr umfangreich und für viele Unternehmen die größte Herausforderung. Als nächstes sollten alle beteiligten Lieferanten und Abnehmer:innen hinsichtlich der vier Kriterien Reputation, Liefersicherheit, Qualität und Regulierung bewertet werden. So kann priorisiert werden, wo der größte Handlungsbedarf besteht. Wenn darauf basierend verschiedene Handlungsfelder definiert wurden, sollte bei den kritischen Beteiligten der Lieferkette die tatsächliche Situation ermittelt werden. Dies kann zum Beispiel durch Checks vor Ort geschehen, aber auch durch Erfahrungsberichte von Dritten oder Stakeholder:innen.
Je nach Ergebnis können dann bestimmte Maßnahmen definiert werden. Hier gilt, wenn bestimmte Standards oder Regelungen nicht erfüllt werden: konsequent bleiben und Lösungen zusammen ausarbeiten, notfalls müssen Geschäftsbeziehungen beendet werden.


Schwierigkeiten und Herausforderungen für KMU

KMU sind Teil einer globalen Lieferkette und werden oft von großen Konzernen beliefert oder verkaufen ihre Produkte weiter an größere Unternehmen die unter die Lieferkettensorgfaltspflichten fallen. Somit ist es essenziell sich mit der eigenen Lieferkette zu beschäftigen, um so als Zulieferer Informationen auch weitergeben zu können. Hinzu kommt, dass immer mehr Stakeholder:innen, darunter auch Investor:innen, Wert auf mehr Transparenz in der Lieferkette und auf Einhaltung internationaler Standards legen. Oft ist es gerade für KMU besonders schwierig, so einen Überblick über die gesamte Lieferkette zu erhalten, da sie nicht immer die nötigen Mittel zur Informationsbeschaffung haben und das Wissen fehlt welche Bereiche durchleuchtet werden müssen.


Unsere Lösung

Nicht selten entsteht Verwirrung, welche Regelungen auf das einzelne Unternehmen zutreffen und welche Kriterien und Rahmenbedingungen jeweils relevant sind. Da das Ausmaß an Verpflichtungen auch für KMU steigt und auch komplexer wird, hilft Ihnen Sustainable Disruption bei der Identifizierung von relevanten Anforderungen und Ableitung bestimmter Handlungsfelder zum Thema Social Compliance.

Unsere Expert:innen freuen sich, Ihnen auf dem Weg zu mehr Lieferketten-Transparenz und Nachhaltigkeit zur Seite zu stehen.
Gerne beraten wir Sie bei einem unverbindlichen Beratungsgespräch.

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